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Aus der Forschung in die Gesundheitswirtschaft

Intellectual Property, Patentierung, Ausgründung, Wissens- und Technologietransfer. Was ganz schön technokratisch, zugleich aber auch irgendwie innovativ klingt, wollen wir auf dieser Seite erklären. Denn all diese Begrifflichkeiten begegnen jenen Wissenschaftler*innen, die eine zündende Idee haben und sich diese patentrechtlich schützen lassen möchten. Doch was passiert eigentlich, wenn ich meine Erfindung dem Arbeitgeber gemeldet habe? Wie kann ich meine Idee bestmöglich schützen und in die kommerzielle Verwertung überführen lassen? Gibt es Menschen an der UMG, die mich bei meinem Vorhaben unterstützen können?

Wir haben mit Christian Hentschker und Alexander Reder von der Abteilung Funktionelle Genomforschung gesprochen, die in Sachen Ausgründung bereits viele Wege gegangen sind und ihre Erfahrungen mit uns teilen möchten.

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Wie kam es denn eigentlich dazu, dass ihr gründen wolltet?

Hentschker: Unsere Geschichte begann zu Coronazeiten, als wir bestimmte Labormaterialien wie Diagnostiktests bei verschiedenen Firmen bestellt haben, die häufig aber nicht funktionierten. Auch teuer gekaufte Antikörper waren zum Beispiel unbrauchbar. Doch im Grunde gab es viele Dinge, die wir eigentlich auch selbst machen konnten.

Reder: Und es gab viele Produkte, die bereits in verschiedenen Arbeitsgruppen vorlagen. Daraus entstand schließlich die Idee, all diese fertig vorliegenden Produkte in den Transfer zu geben.

 

Kurz erklärt: Was bedeutet Transfer denn überhaupt?

Reder: Die Übertragung von Wissen, Technologien, Ideen oder Methoden aus der Forschung in die Praxis. Wir haben hier zum Beispiel durch verschiedene Projekte fertige Verbrauchsmittel wie RNA-Marker oder Proteine, die nach Projektablauf vernichtet oder aber gelagert werden. Dabei könnte man genau diese Produkte veräußern, weil sie auch für andere Arbeitsgruppen verwendet werden könnten. So kam es zu unserer Ausgründung „ProTec Diagnostics“, die aktuell etwa 200 Produkte auf den Markt bringen kann.

Hentschker: Das betrifft auch viele andere Bereiche an der UMG, wo geforscht wird. Es ist schade, dass all diese guten Forschungsergebnisse in den Schubladen landen, obwohl sich die Wirtschaft gefreut hätte, diverse Tools und Produkte erwerben zu können.

 

Seid ihr also mit „ProTec Diagnostics“ nun schon mitten im Vertrieb?

Reder: Nein, wir sind noch mitten im Prozess der Unternehmensgründung. Aktuell sind wir noch voll an der Unimedizin angestellt und kümmern uns in unserer Freizeit um Dinge wie Businessplan, Anträge oder Erstellung einer Website. Das ist klar voneinander getrennt und bedeutet eben auch mal eine arbeitsreiche Nacht.

 

Woher wisst ihr, was diese ganzen To Do's für eine Ausgründung sind?

Hentschker: Tatsächlich war es ein Learning by Doing. Dabei haben uns der Technologie- und Wissenstransfer an der UMG, aber auch das Zentrum für Forschungsförderung und Transfer (ZFF) der Uni und der Forschungsverbund MV fleißig unterstützt. Mittlerweile ist an der UMG auch mehr Bewusstsein dafür da, Produkte in die Translation zu geben: Es wurde ein neues IP- und Transfer-Board gegründet und seit 2023 gibt es eine IP- und Transferstrategie. Dadurch haben Kolleg*innen es künftig leichter, den Weg der Ausgründung zu gehen, weil eine Grundstruktur geschaffen wurde.

 

Also: bei einer zündenden Idee erst einmal das IP- und Transferboard kontaktieren?

Reder: Unbedingt. Über den Arbeitsbereich Technologie- und Wissenstransfer wird man durch den Dschungel des Technologietransfers geleitet und darüber wird auch der Kontakt zum IP- und Transferboard hergestellt. So bekommt man die nötige Expertise und kennt die Erfordernisse für die weitere Verwertung. Außerdem wird man bei Prüf- und Anmeldeprozeduren oder auch bei Vertragsverhandlungen unterstützt. Was uns zum Beispiel gleich am Anfang mitgegeben wurde: Erzählt niemandem etwas über eine Idee, die patentrechtlich geschützt werden kann. Sie darf auch auf keinem Poster erscheinen, denn das ist im Grunde wie eine Veröffentlichung und macht eine spätere Patentanmeldung unmöglich. Das war uns absolut neu.

 

Habt ihr sonst noch Tipps, die ihr den Kolleg*innen, die ausgründen wollen, mitgeben könnt?

Reder: Viel Zeit einplanen – auch für Dinge, die eigentlich schnell gehen sollten. Man sollte auch alle Eventualitäten, die für die Unternehmensgründung wichtig sein könnten, möglichst frühzeitig angehen. Welchen Notar nehme ich mir? Welche Gesellschaftsform soll es werden? Welche Räumlichkeiten benötige ich?

Hentschker: Man sollte unbedingt auch beim UNIQUE Ideenwettbewerb mitmachen. Wir haben zum Beispiel am Businessplanwettbewerb teilgenommen, wo wir nicht nur viel Input von Wirtschaftsvertreter*innen bekommen haben, sondern uns direkt auch mit der Gründerszene vernetzen konnten.

 

Das alles kann doch keiner alleine stemmen!

Reder: Ich würde keinem raten, eine Ausgründung alleine anzugehen. Man braucht immer ein Team-Backup. Manchmal pusht man sich gegenseitig, manchmal diskutiert man, manchmal fängt man sich gegenseitig auf. Bei uns ist es wie in einer guten Partnerschaft, bei der sich Gegensätze anziehen. Wir ergänzen uns dadurch und finden neue Wege. Uns ist eine offene und ehrliche Kommunikation wichtig, kritisieren auch mal oder loben den anderen. Vor allem aber darf man eines nicht vergessen: dass man Spaß an der Sache hat.

Wir danken für das Gespräch und wünschen euch weiterhin viel Erfolg bei eurer Ausgründung!

Info

IP-Rechte (Intellectual Property Rights) umfassen die gewerblichen Schutzrechte (Patente, Markenrechte usw.), aber auch Urheberrechte, spezifisches Know-how und weitere immaterielle Vermögensgegenstände (Lizenzen, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse).

Eine Ausgründung ist der Prozess, bei dem eine neue, eigenständige Firma oder Organisation aus einer Universität heraus gegründet wird. Sie basiert auf Forschungsergebnissen und Innovationen, die innerhalb des universitären Rahmens entwickelt wurden. Zu den wesentlichen Schritten gehören Erfindungsmeldung, Patentierung und Entwicklung eines Businessplans.

Bei einer an der UMG entwickelten neuartigen Idee sollten wissenschaftliche Mitarbeiter*innen eine Erfindungsmeldung machen. Die UMG entscheidet dann, ob sie ein Interesse an einer Patentierung – auch mit allen daraus entstehenden Kosten – hat. Wird das Patent kommerziell verwertet, werden die Erfinder*innen an den Erlösen beteiligt.

Kontakt

Jan Meiering
Wissens- und Technologietransfer

Telefon: +49 (0) 3834 86-5006
E-Mail: jan.meieringmed.uni-greifswaldde