Verspätetes Trockenwerden

Sprechstunde für Kinderund Jugendliche mit Einnässen, Verstopfung oder Stuhlschmieren

Die Kontrolle der Harnblasenfunktion ist eine komplizierte Sache. Die Voraussetzungen für eine bewusste Blasenentleerung werden zwischen dem 18. und 24. Lebensmonat geschaffen. In diesem Alter reifen die hierfür notwendigen Nervenbahnen aus, die die Signale unter anderem von der Harnblase zum Gehirn und vom Gehirn zurück zu den Schaltzentren im Rückenmark, zur Harnblase und dem Beckenboden transportieren. Zusätzlich müssen auch die übergeordneten Zentren im Gehirn erst ausreifen, bevor Wasserlassen und Stuhlgang vom reflektorischen zum willentlichen Vorgang werden.

Der Schweizer Kinderarzt Remo H. Largo konnte mir der "Züricher Longitudinalstudie" zeigen, dass die Art des "Töpfchentrainings" keinen Einfluss auf den Zeitpunkt des Trockenwerdens hat. Hierfür verglich er den Zeitpunkt des "Sauberwerdens" von Kindern in den 50er Jahren mit dem Zeitpunkt des "Sauberwerdens" von Kindern in den 70er Jahren. Die Kinder in den 50er Jahren haben etwa mit dem ersten Lebensjahr mit dem Töpfchentraining begonnen und damit im Durchschnitt ein Jahr früher als die Kinder in den 70er Jahren. Weiterhin wurden erstere auch häufiger am Tage auf das Töpfchen gesetzt. Largo konnte mit der Studie zeigen, dass der Zeitpunkt des Erlernens der willkürlichen Blasenkontrolle nicht von dem Beginn oder der Art des Toilettentrainings abhängig ist, sondern die wichtigste Rolle die neurophysiologischen Reifungsvorgänge und Lernprozesse spielen.

Trocken und Sauber werden ist ein komplexer Lernprozess

Im Alter von vier Jahren sind etwa 75% aller Kinder trocken. Die Stuhlkontinenz wird meist vor der Harnkontinenz erreicht. Bis zur Vollendung des 5. Lebensjahrs gilt das Einnässen aufgrund des noch andauernden Reifungsprozesses als physiologisch und damit als normal.

Unser Angebot in der urotherapeutischen Sprechstunde

Besteht ein Einnässen nach dem 5. Lebensjahr weiter, so kann die Behandlung mit einem individualisierten Konzept erfolgen. Häufig ist es für die Eltern vor allem aber wichtig, abzuklären, ob das Einnässen die Folge eines verspäteten Reifungsprozesses ist oder ob "etwas anderes" dahintersteckt.

Untersuchungsmöglichkeiten

Wir bieten folgende Untersuchungen zur Abklärung an:

  • körperliche und sonografische Untersuchung Ihres Kindes
  • Harnstrahlmessung
  • Urinuntersuchung

Meist sind oben genannten Untersuchungen vollkommen ausreichend.

An weiterführenden Untersuchungen bieten wir zusätzlich an:

  • Prüfung auf vesikoureterorenalen Reflux
  • Blasendruckmessung zur Diagnostik von schweren Blasenfunktionsstörungen
  • Kernspin-Untersuchung (MRT)
  • Laboruntersuchung

Behandlungsangebot in unserer urotherapeutischen Sprechstunde

In unserer urtherapeutischen Sprechstunde nehmen wir uns Ihrer Fragen und Beschwerden an. Dabei steht Ihr Kind im Mittelpunkt. Alle Untersuchungsergebnisse, wie z. B. die Kurve der Harnstrahlmessung, werden mit Ihnen und Ihrem Kind besprochen und der Zusammenhang mit den aktuellen Beschwerden erklärt.

 

 


Im Gespräch mit den Eltern und dem Kind bzw. dem Jugendlichen werden Leidensdruck und Symptomkomplex genauer beleuchtet. Die durch die Familie ausgefüllten Fragebögen und Miktionsprotokolle helfen uns dabei.

Urotherapie beginnt immer mit einer sog. Schulung, bei der den Kindern und Jugendlichen die Physiologie und Pathophysiologie des Harn- und Verdauungstraktes sowie der Ablauf des entspannten Wasserlassens und der Stuhlentleerung erklärt werden.

Diese Schulung hilft Ihrem Kind ein gutes Gespür für seinen Körper zu entwickeln.

 

 

Mit dem verhaltenstherapeutischen Ansatz wird den Kindern die Bedeutung des Trinkverhaltens anhand ihrer eigenen Trink- und Miktionsprotokolle erklärt. Belohnungssysteme wie Ausmalkalender für trockene Tage bestärken die Kinder durch "Sichtbarmachen" des Erfolges.

Weitere Therapiebausteine

Weitere Therapiebausteine sind die medikamentöse Therapie und alle Verfahren der sog. speziellen Urotherapie:

  • Entspannungstechniken
  • Wecksysteme bei nächtlichem Einnässen (Klingelhose)
  • Tagessensor bei Einnässen kleiner Urinmengen am Tage
  • Biofeedbacktraining zum kontrollierten Erlenen von An- und Entspannungstechniken des Beckenbodens
  • Miktionsuhr bei Miktionsaufschub am Tag
  • Neuromodulationsverfahren zur Verbesserung der Speicherfunktion der Harnblase
  • tragbares Ultraschallgerät bei Miktionsaufschub

Die Wahl des Therapieverfahrens richtet sich nach den Beschwerden, dem Entwicklungsstand des Kindes und seiner Motivation an Maßnahmen der speziellen Urotherapie wie einer Physiotherapie oder eines Biofeedbacktrainings teilzunehmen. Ein rasch eintretender Behandlungserfolg wirkt sich günstig für die Motivation des Kindes aus. Die Wahl des für Ihr Kind passenden Therapieverfahrens ist daher umso wichtiger.

Unserer Sprechstunde ist für alle da, bei denen tags und / oder nachts noch ein Einnässen passiert, bei denen beim Lachen ungewollt Urin abgeht oder die Probleme mit dem Stuhlgang haben.