UMGlive
HEFT 2/2016
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Susi Sonnenschein
‒ Männerschnupfen
Also, ein großes Lob an alle
In der letzten Ausgabe habe ich berichtet, wie dringend wir
einen Mann für unseren Weiberclub auf unserer Station benö-
tigen. Und was glaubt ihr? Unser Wehklagen ist erhört worden
und wir haben einen: Leo Sebastian.
Und er ist auch schon da und wir reiben uns nicht mehr darum,
(oder nur ganz selten) wer was zu wem wann warum gesagt
hat. Leo Sebastian ist hilfsbereit, patent und konsequent, nicht
zu gut aussehend aber keineswegs hässlich. Sportlich ist er ein
richtiger Kraftmeier, so packt er auf der Station richtig an, er
bettet die schwersten Patienten alleine. Wir sind glücklich.
Trotz seiner Kraft bin ich der Auffassung, dass er tief im Her-
zen sensibler ist als wir Krankenschwestern auf alle Fälle ist er
und dass streitet hier keiner mehr ab- wehleidiger. Wenn es
ihm nicht gut geht, will er schon, dass es die Station mit ihren
unterschiedlichen Berufsgruppen erfährt und zwar die ganze.
Was er hingegen gar nicht mag, wenn wir das ganze tragische
Maß seines Leidens herunterspielen. Vor kurzem haben wir
ihn sehr gekränkt, als Gritt ihn beiläufig und ohne Arg fragte,
ob er ein wenig erkältet sei. Die Feinheiten seines Leidens wur-
den dezidiert und zeitlich umfassend ausgebreitet inklusive
des Klassikers, dass man ein Spiegelei auf seiner Stirn braten
könne. Sein Gesichtsausduck erinnerte mich an den Hund un-
Susi Sonnenschein
seres Nachbarn, wenn er gerade sein Geschäft macht. Seine
Augen glänzen so traurig wie die des Straßenhändlers in Tu-
nesien, wenn man ihmmittelt, dass man den Teppich nicht zu
kaufen gedenkt.
So ein Männerschnupfen erscheint mir als eine tragische Er-
krankung, die von uns Frauen nur bedingt nachvollzogen
werden kann und dringend tiefer erforscht werden muss. ( Ein
versteckter Hinweis an unsere Herren Professoren im eigenen
Interesse das Thema anzupacken) Tina meint wir mögen uns
glücklich schätzen, dass er nicht die Tage bekommen könne.
Seine Tampons würde er stolz in einemPatronengürtel tragen,
um auf seine dramatische Lage hinzuweisen.
Aber immerhin lässt er sich nicht krankschreiben. Mit pfeifen-
der schwacher Stimme hauchte er uns nach der umfassenden
Beschreibung seines Krankheitsbildes mit sämtlichen Sympto-
men (glaubt mir, es sind viele) zu, es müsse ja irgendwie wei-
tergehen...
Auf alle Fälle hatte ich mir schon einen Termin beim Perso-
nalrat geholt. Es soll nun eine Arbeitsgruppe gebildet werden
und diese ausschließlich für Frauen. In der AG sollen Verfah-
rensrichtlinien über den respektvollen Umgang bei Vorliegen
eines echten Männerschnupfens erarbeitet werden. Besser ist
es für uns alle.
Tschüss Eure Susi