UMGlive
HEFT 2/2016
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Neben diesen allgemeinen Fragen darüber, was eine gute
medizinische Versorgung abseits der Wissenschaft ausmacht,
beschäftigt Sabine Salloch sich mit ganz speziellen Fragen:
etwa der Ethik am Lebensende und der Ethik medizinischer
Professionen. Auch hier gilt es den Menschen mit seiner Per-
sönlichkeit, Geschichte und Ängsten bei der täglichen Arbeit
in medizinischen Berufen nicht aus dem Auge zu verlieren,
denn Patienten sind mehr als Fälle. Sabine Salloch zitiert aus
einer Studie über Medizinstudenten, die am Anfang ihrer Aus-
bildung sehr durch die Motivation geprägt waren, Menschen
helfen zu wollen, als Mediziner im Beruf aber sehr viel nüch-
terner, wissenschaftlicher und weniger einfühlsam reagieren
‒ sie denken vor allem an Behandlungsmöglichkeiten und die
Dosierung von Medikamenten. Auf der einen Seite ist diese
Professionalisierung natürlich gut, denn darum geht es: Ärzte
sollen objektiv bleiben und helfen. Aber beim Helfen geht es
eben um Menschen und daher auch um Geborgenheit und
Nähe, Menschlichkeit eben ‒ und die sollte auch nach lang-
jähriger undmittlerweile zur Routine gewordenen Arbeit noch
spürbar sein - fordert Sabine Salloch, die selbst zwei Jahre lang
als Ärztin gearbeitet hat. Diesen Anspruch verfolgt sie in ihrer
Forschung und nun auch in ihrer Arbeit an der UMG, während
derer sie sich in der Vergangenheit auch mit der Ethik Imma-
nuel Kants beschäftigt hat. Neben ihrer Lehrtätigkeit und der
wissenschaftlichen Arbeit, ist sie Mitglied der Ethikkommissi-
on der Universitätsmedizin. Diese berät bezüglich neuer For-
schungsvorhaben, aber auch „gemäß dem Heilberufsgesetz
und dem Gesetz für den Öffentlichen Gesundheitsdienst des
Landes Mecklenburg-Vorpommern, dem Arzneimittelgesetz,
dem Medizinproduktegesetz, dem Transfusionsgesetz sowie
der Strahlenschutz- und der Röntgenverordnung“, was die
Forschung an Patienten und Probanden angeht. Hier werden
jedoch selten moralische Stellungnahmen verfasst, sagt sie,
sondern es wird eher auf prozedurale Lösungen gesetzt. Au-
ßerdem ist es auch bei dieser Arbeit wichtig, die Verantwort-
lichen mit den schwierigen Entscheidungen, die sie zu treffen
haben, nicht allein zu lassen, sondern gemeinsam eine gute
Handlungsstrategie zu finden.
Und so treffen sich die beiden, zunächst sehr ver-
schieden erscheinenden, Gebiete Ethik und Geschich-
te, welche am Institut zusammengefasst sind wieder:
in der Arbeit mit den materiellen Zeitzeugen und de-
ren Geschichten geht es auch immer um das Erleben
der Menschen, welche früher auf die ein oder andere Art
Kontakt mit ihnen hatten. Dabei werden bestimmte aktu-
elle Werthaltungen Einzelner deutlich, die immer auch ein
Produkt historischer Prozesse sind. Insofern hat das Erlebte
häufig auch etwas mit Moral und Ethik zu tun. Mit deren An-
fechtungen und Veränderungen im Zusammenspiel mit dem
Fortschreiten der Medizin beschäftigen sich Sabine Salloch,
Hartmut Bettin und die anderen Mitarbeiter des Instituts.
Anna Geringhoff
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Titelthema
‒ Institut für Ethik und Geschichte der Medizin
