Winzige Alleskönner im Blut: über die Vielfalt von Blutplättchen – Greifswalder Publikation in der Fachzeitschrift Blood
Lange galten Blutplättchen, medizinisch Thrombozyten genannt, als einfache Helfer bei der Blutgerinnung. Sie sorgen dafür, dass Wunden verschlossen und Blutungen gestoppt werden. Doch inzwischen wissen Forschende: Diese kleinen Zellfragmente können viel mehr. Sie sind nicht nur an der Blutstillung beteiligt, sondern spielen auch eine Rolle in der Immunabwehr – sie helfen also mit, Krankheitserreger wie Bakterien oder Viren zu bekämpfen. Ein internationales Forschungsteam hat nun eine Übersichtsarbeit zu den Messmethoden zur Vielfalt der Blutplättchen in der Fachzeitschrift Blood veröffentlicht.
Neue Technologien auf dem Weg in die Praxis
Der Zeitpunkt für eine umfassende Übersicht könnte kaum besser sein. „Wir befinden uns gerade in einer Phase, in der frühere Forschungsansätze den Sprung in die Routineanwendung schaffen können“, erklärt Prof. Thomas Thiele, Leiter des Institutes für Transfusionsmedizin. Deshalb sei es jetzt besonders wichtig, die neuesten Methoden zur Analyse von Blutplättchen zu erklären. Zusammen mit zwei weiteren Forschungskollegen aus den Niederlanden und den USA wertete Thiele 121 Publikationen aus und fasste die Ergebnisse zu einem kompakten Überblick zusammen.
Vom Labor in die Patientenversorgung
Schon heute kommen einige der in der Arbeit beschriebenen Testverfahren in der Diagnostik bestimmter Thrombosen oder seltener Blutplättchen-Erkrankungen zum Einsatz. In Zukunft könnten sie noch wichtiger werden: „Bei der Behandlung von Blutgerinnseln könnten einige Tests helfen, die Wirksamkeit von Medikamenten besser vorherzusagen“, so Thiele, „das Gleiche gilt auch für bestimmte Tumorerkrankungen“. Die große Herausforderung bestehe allerdings darin, diese Tests aus der Forschung in den medizinischen Alltag zu überführen. Viele der Verfahren seien noch nicht für die Routine geeignet. „Wir müssen sie also fit für den Einsatz in der Klinik machen“, so der Transfusionsmediziner weiter. Das Ziel: Diagnostik und Therapie vieler Patientinnen und Patienten verbessern.
Ein Forschungsschwerpunkt mit Tradition
Die Thrombozytenforschung hat in Greifswald eine lange Tradition. Sie ist eng vernetzt mit vielen Bereichen der Universitätsmedizin – von der Pharmakologie und Gefäßmedizin über die Biochemie bis hin zur funktionellen Genomforschung und Mikrobiologie. Auch Kooperationen mit Instituten der Universität Greifswald stärken diesen Schwerpunkt.
„Dass wir uns an dieser hochrangigen Publikation beteiligen konnten, belegt, dass Greifswald in der Thrombozytenforschung international eine führende Rolle spielt“, betont Thiele. Auch künftig möchte die Greifswalder Transfusionsmedizin ihr Labor in diesem Forschungsfeld weiter stärken. „Wir fokussieren uns dabei auf die Thrombozytenfunktion und auf verschiedene Antikörper, die Thrombosen auslösen“, so Thiele.
Langfristig könnte ein tieferes Verständnis der Blutplättchen-Heterogenität neue Therapien unterstützen – etwa personalisierte Behandlungsansätze gegen Gerinnungsstörungen oder verbesserte Strategien im Kampf gegen Infektionen und Krebs.
„Dass wir heute über so viele verschiedene Funktionen dieser kleinsten Blutbestandteile sprechen, unterstreicht ihre Bedeutung in der Medizin, z.B. für die Entstehung von Schlaganfällen, Herzinfarkten und Thrombosen“, fasst Thiele zusammen. „Und da wir Blutplättchen transfundieren können, wollen wir gerade in der Transfusionsmedizin dieses Wissen gezielt nutzen – zum Wohl unserer Patientinnen und Patienten.“